Jahreszeiten

Fahrrad-Sommer a la '50-er

Jahreszeiten. Davon hatten wir vier. Richtige Sommer, kalte Winter, Frühling und Herbst. Im Winter ging’s ab zur Lippe, Eislaufen auf dem gefrorenen Wasser. Oder schlindern auf der Straße. Der Schnee wurde zur Eisbahn zusammengekehrt. Wenn’s nicht reichte, wurde mit Wasser nachgearbeitet. Erwischen lassen durfte man sich nicht, auch wenn es noch nicht so viele Autos gab. Auch zum Schlittenfahren musste die Parkstraße herhalten. Ordentlich Anlauf genommen und bäuchlings rauf auf den Schlitten. Als wir größer waren, ging’s inne (in die) Testerberge bei Hünxe: Rodelrennen zwischen den Bäumen! Enge Kurven, viel Wald! Eine Fichte habe ich mal zum Bremsen benutzt, unfreiwillig. War ne harte Nummer. Nicht für die Fichte, für den Schlitten. Der war danach ein wenig und ich etwas mehr ramponiert! Kurz vor dem Bahnrekord hatte es mich aus der Rinne getragen. Meine Kumpels (Udo Wagner, Reini Bahl) befürchteten schon das Schlimmste. Wie man lesen kann, hab ich auch das überlebt. Konnte mich mit Schmerzen nach Hause schleppen.

Vom Winter der Kindheit blieb mir vor allem die Weihnachtszeit in Erinnerung, das Fiebern darauf, was das Christkind wohl bringen würde. Wochen vorher fingen meine Mutter und Tante Ilse an, bei Oma in der Spellener Straße Spritzgebäck zu backen. In meiner Erinnerung waren es Massen. Unseren Anteil trugen wir in einem kleinen Wäschekorb nach Hause, zugedeckt mit einem frischen Geschirrtuch. Ich erinnere mich sogar an den abendlichen Rückweg: es war dunkel, der Schnee dämpfte alle Geräusche. Es muss sternenklar gewesen sein, denn ich fragte meinen Vater, woher denn all die Sterne kämen. Er erklärte mir, dass es die Seelen unserer Vorfahren seien und wenn ein Mensch sterben würde, entstünde wieder ein neuer Stern. Eine schöne Vorstellung.

Am heiligen Abend war dann endlich die Bescherung. Ich konnte es kaum erwarten. Mein Vater sorgte für den Tannenbaum und schmückte ihn mit meiner Mutter im Wohnzimmer. Altdeutsch, das heißt, mit viel Lametta sowie Kugeln und Zapfen in allen Farben: grün, rot, blau und goldfarben. Auch kleine Päckchen von über Kreuz gelegten Schokoladentäfelchen wurden an den Baum gehängt, eingepackt in buntes Stanniol und zusammenschnürt mit einem goldenen Bindfaden. Die plünderten wir, sobald unsere bunten Teller leerer wurden. Und echte Kerzen in rot! Das war immer ein Gefitzel, bis die Kerzenstecker so saßen, dass die Kerzen gerade standen. Obendrauf kam kein Stern, sondern eine Kugel mit Spitze. Papa zündete neue Kerzen schon mal kurz an, damit sie am Abend schneller angingen. Der Baum war fertig.

Dann wurden die bunten Teller gefüllt. Jeder hatte seinen eigenen. Für uns galt währenddessen striktes Eintrittsverbot. Wir wurden sonntäglich ausstaffiert, denn später ging es in die evangelische Kirche. Unsere Wohnung lag strategisch gut: genauso wie die Parkschule lag die Kirche nur wenige Schritte entfernt. An einem Weihnachten war ich der Ansicht, dass die anderen klüngelten! Sicherlich kämen wir zu spät zum Gottesdienst. Ich beschloss, schon mal Plätze zu reservieren. Zuhause brach inzwischen Panik aus: Wo ist der Kleine? Niemand wußte, wo ich abgeblieben war. Irgendjemand kam schließlich auf den Gedanken, die evangelische Gemeinde zu aktivieren! Der Pfarrer verlas vom Altar die unfrohe Botschaft, dass der kleine Detlev vermisst würde und ob ihn jemand gesehen habe? Ich meldete mich: »Hier bin ich doch! Die anderen haben alle getrödelt und hinterher ist deswegen das Christkind sauer und kommt nicht!«. Der Heiterkeitserfolg und die Erleichterung waren groß. Vermutlich bewahrte mich das vor der fälligen Tracht. Außerdem war es ja das Fest der Liebe und nicht das der Hiebe!

Nach dem Gottesdienst ging’s schräg über die Straße nach Hause. Wir aßen in der Küche, Kartoffelsalat mit Würstchen. Während meine Eltern Geschenke und Wohnzimmer vorbereiteten, warteten wir im Kinderzimmer aufs Christkind. Meine Brüder meinten, wir müssten uns unterm Bett verstecken, sonst würden sich das Christkind beobachtet fühlen und weiterfliegen. Ich also mit den beiden anderen unters Bett und Augen und Ohren zugehalten. Irgendwann hörten wir ein Glöckchen leise und hell klingeln – wir durften kommen! Da stand der Christbaum, funkelnd und wunderschön. Die Kerzen flackerten und allen war ordentlich feierlich. Als erstes würde gesungen, die ganze Familie: O du fröhliche! Meine Mutter, die eine sehr schöne Singstimme besaß, sang mit inniger Freude und war immer sehr gerührt. Danach wünschten wir uns gegenseitig fröhliche Weihnachten und wendeten uns den bunten Tellern zu: was dieses Mal wohl drauf wäre? Tja, was war wirklich auf den Tellern? Hm, mal überlegen: kleine rote Weihnachtsäpfel waren drauf, Sternrenetten mit weißem Fleisch. Die waren sehr lecker. Ich glaube, die gibt es heute kaum noch. Eine Orange war genauso obligatorisch wie die Wal- und Haselnüsse. Und getrocknete Feigen, die fehlten nie. Dann noch Dominosteine; Spekulatius; Schokolade; Nuts; Mars; Marzipankartoffeln; Geleefrüchte; Schokolinsen; Maoam! Klingt nach viel, aber vermutlich habe ich sogar noch Teile vergessen – die Teller waren groß!

Endlich war Bescherung. Ich weiß nicht mehr, was die anderen bekamen, aber zwei Geschenke sind mir in Erinnerung geblieben: einmal gab’s eine Eisenbahn zum Aufziehen. Eine Lok und vier bunte Waggons, die auf einem einfachen Rundkurs stetig im Kreis fuhren. Auch an ein knallrotes Feuerwehrauto erinnere ich mich. Da konnte man sogar richtig Wasser einfüllen. Am schönsten war, dass wir alle zusammen waren. Irgendwann ging’s rüber zu Oma und Opa, da gab’s dann noch mal Geschenke und Süßigkeiten. Später, in Borken, gab’s vor allem Bücher. Für mich. Meine Brüder hatten es nicht so mit dem Lesen. Bekamen sie Bücher geschenkt, wurden die direkt an mich weitergegeben. Von Büchern konnte ich nicht genug bekommen. Abenteuerromane wie »Tarzan bei den Affen« oder Jugendbücher wie »Locke und die Fußballstiefel« fesselten mich und wenn ich alle durchhatte, fing ich von vorne an. Den Locke habe ich gefühlte hundert Mal gelesen. Halt, ich merke gerade, das erfordert eigentlich ein eigenes Kapitel.

Dann Silvester. Wir durften Wunderkerzen halten: »Aber Vorsicht! Wenn ihr Blödsinn macht, war’s das für dieses Jahr!». Na ja, viel Jahr war’s ja nicht mehr. Aber ich kann mich trotzdem an keinen Blödsinn unsererseits erinnern. Abends durften wir aufbleiben. Die Eltern guckten »Schimpf vor zwölf«, entweder Stachelschweine oder Münchner Lach und Schieß. Wir lachten mit, wenn sie lachten. Die Eltern tranken Wein oder Sekt, wir kriegten Brause oder Malzbier. Cola gab’s bei uns erst, als ich ungefähr zehn war. Den Jahreswechsel haben wir vermutlich nicht bewusst miterlebt, da schliefen wir schon auf Sofa oder Teppich.

Irgendwann war auch der längste Winter vorbei und man freute sich aufs Frühjahr. Die warmen Klamotten kamen auf den Söller und man durfte wieder mit Sandalen raus. Ich konnte endlich so ungeliebte Sachen wie Knickerbocker (»Und ist der Dünnpfiff noch so locker, nichts geht durch die Knickerbocker!«) gegen meine geliebte kurze Lederhose eintauschen. Gefühlt habe ich die erst wieder im Herbst abgelegt. Meine früheste Kindheitserinnerung ist der blühende Kirschbaum in der Parkstraße 14, die Sonne scheint und ich als Dreikäsehoch in kurzen Hosen auf der Eingangsstufe unseres Hauses. Von links knattert ein Motordreirad heran: der Lumpensammler mit seinem »Tempo«. Im Wagen trällert jemand auf einer Flöte Melodien wie der Rattenfänger von Hameln – mit ähnlichem Erfolg.

»Tempo«-Dreirad

Von Zeit zu Zeit verstummte die Flöte: »Lumpen, altes Eisen, Kupfer!«. Wir hörten ihn und liefen los, unsere gesammelten Schätze zu ihm zu tragen. Alte Fahrradreifen, ohne Mantel und Schlauch, dafür mit gebrochenen Speichen und alles, was wir von irgendwoher an Metall organisieren konnten. In der Nähe war ein altes Trümmerhaus, das abgerissen werden sollte. Das plünderten wir ausgiebig. Über jeden »verdienten« Groschen freuten wir uns wie Bolle.

Apropos Bolle – unsere Einnahmen trugen wir umgehend zu »Bolli«. Bollwerk war ein Lebensmittelladen mit einem Kiosk in der »Spellner«, da gab’s Himbeerbonbons in die Tüte abgezählt. Oder Knöterich. Oder Salmiakpastillen! Man leckte den Handrücken an und klebte die Pastillen drauf, dass sie einen Stern ergaben – und dann schleckte man ab, bis einem der Mund schwarz wurde. Mich bizzelt’s schon auf der Zunge, wenn ich nur dran denke! Wo kriege ich jetzt bloß Salmiakpastillen her – hier im Schwabenländle, wo sie zu Lakritze abfällig »Bärendreck« sagen?

Dann kam Ostern. Die Ostereier-Nester wurden versteckt und gefunden. Von mir. Alle. Mein Vater war zwar äußerst einfallsreich in der Wahl der Verstecke, aber ich war offensichtlich ein findiges Bürschlein. Mit der Zeit wurden meine großen Brüder bequem: »Lass das mal den Lütten machen«, meinten sie, »der findet alles!«. Und so war es: ich fand alle Verstecke: die Bücher, die meine Mutter stets im Wäscheschrank versteckte und die als Geschenke zu Weihnachten oder zu meinen Geburtstagen gedacht waren – ich hatte sie bis dahin längst gelesen. Selbstverständlich fand ich auch das Osternest in der Trommel unser Hoover-Waschmaschine. »Ich hab’s gefunden!«, rief ich glücklich. Mein Vater klärte mich auf, dass es nicht mein Nest war: »Das gehört deinem Bruder!«. – »Woher willst du das wissen, du bist ja nicht der Osterhase«, wendete ich ein. Ich war wohl nicht nur findig, sondern auch argumentativ auf der Höhe. »Wer’s findet, darf’s behalten!«, beharrte ich auf meinem Finderlohn. – »Denkste!«. Meine Brüder waren mir gefolgt und machten mir schnell klar, wie der Hase läuft. Irgendwann, kurz vor Einsetzen der Abenddämmerung, fand ich endlich auch meins.  –  –  –

Im Sommer ging’s mit dem Fahrrad nach Voerde (heute »Friedrichsfeld zwo«) ins Freibad. Ich vorne bei Papa auf dem Rad, in einer Sitzschale auf Weißblech, die Füße auf zwei Rasten, die man hoch- und runterklappen konnte. War ‘ne feine Sache: Vadder strampelte und schwitzte, ich genoß die Fahrt. Im Schwimmbad kamen die Räder kochkant in ein Gestell. Das sparte wohl Platz. Dann wartete man geduldig in der Schlange vor der Kasse. Ich habe keine Ahnung, wie wir Decken, Handtücher, Badezeug und Verpflegung und sogar einen blauen Nivea-Ball auf den Rädern mitnehmen konnten, aber irgendwie klappte es ja wohl. Nicht zu vergessen Badeanzüge und -hosen, denn Nacktbaden werden wir uns ja wohl nicht getraut haben. Damals war man etwas prüde oder besser gesagt: gesittet! Ach ja, und dann noch Verpflegung! Hunger und Durst kriegte man auch damals. Allerdings haben wir unser Geld nicht zum Kiosk getragen, da war Vater Gottaut vor: »Junge, du kannst einen Groschen (10 Pf.) nur einmal ausgeben!« und: »Wer den Groschen nicht ehrt, ist den Taler nicht wert«, waren die Merksätze, die er uns für das Leben mitgab. So wurden wir gehalten, nicht geizig, aber wir gingen sorgsam mit dem Geld um. Unser alter Herr war aus Erfahrung klug: als Kind in seiner Königsberger Heimat in Ostpreußen hatte er sich oft geschämt, wenn man ihn zum Einkaufen ohne Geld schickte. »Anschreiben« nannte man das damals. War bis in die 1950-er Jahre verbreitet. Man zahlte nicht gleich, sondern wenn es freitags die Lohntüte gab. Leider war das tägliche Leben oft dem Geld voraus und manchmal halt zuviel. Dann gab’s nichts: »Sag deiner Mutter, sie soll mal vorbeikommen!«, hieß es und mein Vater schämte sich. Aus diesem Grund ließ er gerne andere vor und wartete, bis er der einzige im Laden war. Das Leben lehrt einen manches, auch Sparsamkeit. So nahm man halt die Fourage in Schüsseln mit: meistens war’s Muttis Kartoffelsalat mit Mayonaise, Zwiebeln, »Gürkskes« und reingeschnittener Fleischwurst. Und Butterstullen, mit Holländerkäse! Die litten zwar unter der Hitze, schmeckten aber trotzdem. Zum Trinken gab’s selbstgemachte Zitronenlimonade.

Umgezogen wurde sich in Kabinen. Ich glaube, alle Freibäder riechen gleich, jedenfalls erinnere ich mich immer an das Voerder Bad, sobald ich in ein Freibad gehe. Die Sachen kamen in den Spind, der Schlüssel ans Handgelenk. Einmal in Badeklamotten gab ‘s kein Halten mehr, wir wollten endlich ins Wasser: Jojo, Nobsche und ich. Die Großen konnten schon leidlich schwimmen. Ich auch, aber nur tief, nicht weit. Also durfte ich nur ins Kinderbecken. Ich kann mich an eine große Kugel im Planschbecken erinnern, mit Mosaik-Keramik verziert, aus der sprudelte oben Wasser heraus. Irgendwann wollte ich auch ins große Becken und ging mit meinem Vater rüber. Mein Vater stellte mich ins Nichtschwimmer-Eck des Beckens und ich durfte unter seiner Obhut hineinspringen. Immer übers Eck und von einem Rand zum anderen. Nach einer Weile wollte mein alter Herr selber schwimmen und ich musste zurück ins Planschbecken. Bald zog es mich wieder rüber zum großen Becken. Ich erblickte meinen Vater bei den »Schwimmern«, wo er inzwischen seine Bahnen zog. Ich rief: »Huhu, Papa!«, nahm Anlauf und sprang zu ihm. Das heißt, ich wollte! Richtig gut im Weitsprung war ich erst Jahre später. Jetzt verschenkte ich entweder Weite durch zu frühen Absprung oder ich überschätzte mein Sprungkraft komplett – jedenfalls strampelte ich bald verzweifelt um mein Leben. Wie ein Schnellboot schoß mein Vater heran und rettete seinen Spätgeborenen vorm Absaufen. Wenn später die Sprache auf diese Episode kam, meinte er, dass er wohl noch nie in seinem Leben so schnell geschwommen ist.

Sommer war auch die Jahreszeit des Familienurlaubs. Einmal ging’s an die Ostsee, nach Travemünde mit unserem Käfer und mit Famlilienanschluss – die Herbergsfamilie vermietete unter und verdiente sich so ein Zubrot. Am Strand konnte man tolle Sandburgen bauen. Ich buddelte und buddelte, baute Burgen mit Zinne und Türmen und einer Fahne obendrauf und mit umlaufenden Rinnen für die Glasmurmeln, die ich von zuhause mitgebracht hatte. Die ließ ich herunterkreiseln. Ein Wassergraben fehlte auch nicht. Natürlich gruben wir auch richtige Sandburgen aus und lagen faul darin wie Robben. Die Tage waren heiß. Oft trieben Quallen im Wasser, wurden angeschwemmt und trockneten schließlich im Sand. Wir taten, als wären sie Götterspeise und zerteilten sie mit Schaufeln und Spaten. Irgendwann wurde es mir langweilig und ich ging ein oder zwei Burgen weiter. Mein Vater hatte mir vorher eine bestimmte Fahne auf der Promenade eingebläut, die ich mir im Falle des Verlaufens als Wegmarke merken sollte. Leider wurde es später windstill, alle Fahnen hingen schlaff herunter und meine Orientierung hatte ein Loch. Also blieb ich, wo ich war – die anderen würden mich schon finden. Inzwischen war die Strandwache alarmiert, eine Durchsage folgte der anderen und die Familie schwärmte aus. Mein Vater ans Wasser, meine Mutter in Richtung Grenze und mein Bruder kreuz und quer. Schließlich entdeckte er mich keine zwanzig Meter von unserer Burg. Zu seiner Erleichterung gab’s erst mal eine Kopfnuss für mich. Danach war der Urlaubstag beendet.

Im Herbst wurden Drachen gebaut. Nicht in Friedrichsfeld, in Borken! Dahin wurde mein Vater versetzt, zur StOV. Mein alter Herr war bei der Bundeswehr, im nichttechnischen Dienst. Dünne Leisten wurden besorgt, buntes Transparentpapier, Bindfaden und Leim. Im Keller wurde alles zusammengebastelt. Die Leisten wurden über Kreuz verleimt und ringsherum ein Bindfaden gespannt. Danach wurde das Ganze mit dem Papier überklebt. Sogar ein Gesicht bekam er, aus andersfarbenen Papierflecken. Zum Schluss wurden die Tragfäden angebracht und der Drachen ausbalanciert. War schon nett von meinem alten Herren, sich solche Mühe zu machen. danach ging’s auf ein abgeerntetes Feld. Den Drachen in den Wind gehalten und los ging’s – koppheister in den Acker. Der Schwanz fehlte – ohne Schwanz kein Drache! An eine Schnur wurden Papierfetzen aus alten Zeitungen (oder Grasbüschel) gebunden und ans Ende des Fluggeräts montiert. Nochmal anlaufen und … mein Drachen machte Höhe. Immer höher stieg er. Mit der Zeit wurden wir Profis, konnten Kurven fliegen und sogar Loopings. Oder andere Drachen anrempeln, die dann abtrudelten. Mein Vater hatte unverkennbar Spaß daran.

Außer Drachen gab’s noch etwas, was uns den Herbst verschönte: Stutenkerle! Die mit der eingebackenen Gipspfeife. Die brauchten wir zum Indianerspielen, als Kalumet. Die »Piep« brauchten wir aber nicht nur als Friedenspfeife beim Indianerspielen, nein-nein, wir rauchten damit unseren ersten Tabak! Der bestand aus getrockneten Kamillenblättern und andere Kräutern. Also was Gesundes! Den Stutenkerl selbst schätzten wir aber auch, Stuten war von Haus aus was Leckeres! Sogar trocken, ohne Butter oder Marmelade.

Die Tage waren bereits kurz und wir freuten uns aufs Martinsfest. Aus schwarzem Karton und buntem Seidenpapier bastelten wir uns Laternen. Der flackernden Schein der Kerze durch das farbigen Laternenfenster sah wunderschön aus. Wir marschierten los und sangen »Ich geh’ mit meiner Laterne!«. In der Park-Schule gab’s eine Tüte mit Süßem und … einem Stutenkerl! Natürlich mit ‘ner Piep! Sankt Martin rauchte wohl auch Pfeife – ra-bimmel, ra-bammel, ra-bumm (bum-bum)!

 

 

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